Neben Goethe wohnen – Familienhotel in Weimar

Familienhotel Weimar
Die Seifengasse in Weimar. Im Vordergrund links ist das Familienhotel Weimar zu sehen. Am Ende der Gasse, an der Ecke zum Frauenplan, beginnt bereits das Wohnhaus von Goethe. © Foto: Meike Nordmeyer

Es sind nur 65 Schritte. Ich habe sie gezählt auf dem Weg vom Familienhotel Weimar in der Seifengasse zum Eingang von Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Als ich vor der Reise auf der Webseite des Hotels las, es befinde sich direkt neben dem Dichterhaus, habe ich es nicht so recht geglaubt. Doch es stimmt. Denn das Wohnhaus des großen Dichters beginnt an der Ecke der Seifengasse, biegt sich quasi schon ein wenig dort hinein. Und dann sind es nur noch ein paar Schritte bis zum Hotel. Ganz nah dran an Goethe – das erfreut wohl jeden Kulturreisenden. Freilich gehören zu einem gelungenen Aufenthalt auch noch ein paar mehr Angenehmlichkeiten dazu. Aber auch für die ist gut gesorgt im Familienhotel Weimar.

Frühstück auf der Dachterrasse
Erst hochtragen, dann genießen: Auf der schönen Dachterrasse ist das Frühstück ein besonderes Vergnügen. © Foto: Meike Nordmeyer

Ein Highlight ist auf jeden Fall das Frühstück auf der mit Holz ausgestalteten Dachterrasse. Metalltische in zartgrün, Wolldecken im passenden dunkleren Ton sowie Stühle und Sonnenschirme mit beigefarbenen Leinen – wohltuend schlicht und geschmackvoll zeigt sich hier die Einrichtung so wie im gesamten Hotel. Ein Teil der Dachterrasse ist einem Kräutergarten sowie einer Sandspielfläche für Kinder vorbehalten. Das alles ist liebevoll und stimmig gemacht. Das Frühstück gibt es eigentlich im Erdgeschoss im Restaurant “Gretchens”. Dort ist das kleine, aber feine Frühstücksbuffet aufgebaut. Wer es auf der Terrasse genießen möchte, lässt sich im Restaurant ein Tablett geben, baut es wohlüberlegt mit gefüllten Kaffeetassen, Saftgläsern, Tellern und Schüsselchen voll und transportiert es vorsichtig nach oben aufs Dach. Zum Glück hilft ein Aufzug dabei. Naja, und irgendwas wie zum Beispiel den Salzstreuer hat man bestimmt vergessen und muss nochmal runterflitzen. Aber der Aufwand lohnt sich. Es ist vortrefflich, den Tag mit einem gemütlichen Frühstück auf der Dachterrasse zu beginnen. Das genieße ich ganz besonders. Bin ich doch diesmal weder allein noch in einer Gruppe, sondern zu zweit unterwegs. Mein langjähriger Freund Karsten hat sich gänzlich unerschrocken mit mir auf Kultur-Städtetripp begeben. Und nun beraten wir bei der zweiten Tasse Kaffee (ja, für die ist Karsten eigens nochmal runtergelaufen), welche Besichtigungen am heutigen Tag erstmal die Wichtigsten sind.

Die Wohneinheiten im Familienhotel Weimar
Die Wohneinheiten im Familienhotel Weimar sind hell und großzügig angelegt. Ein besonderer Clou: Zum Etagenbett gehört nicht eine schnöde Leiter, sondern eine komfortable Treppe. © Fotos: Meike Nordmeyer

Auch zu zweit fühlen wir uns in unserer Unterkunft gut aufgehoben. Die besondere Ausrichtung als Familienhotel drängt sich nicht in den Vordergrund. Ganz im Gegenteil. Das Hotel möchte Familien einen möglichst normalen, entspannten Aufenthalt bieten, bei dem sich die Zeit füreinander auch mit einer großen Portion Kultur gut verbinden lässt. Dafür gibt es nicht einfach nur Zimmer, sondern Wohneinheiten. Sie vermitteln das Gefühl vom Urlaub im Ferienhaus. Eine vollausgestattete Küche findet sich darin, in den größeren Wohnungen sogar mit Spülmaschine. Der großzügige Ess- und Wohnbereich lädt zum Zusammensitzen, gemeinsam Speisen, Spielen und Ausruhen ein.

Familienhotel Weimar - in den Zimmern
Der Trick mit der Tafel: Dahinter verbirgt sich der Fernseher.
© Foto: Meike Nordmeyer

Wer genauer hinschaut, der bemerkt schnell: In diesem Hotel beschränkt sich die Familienfreundlichkeit nicht etwa nur darauf, dass ein paar Buntstifte und Bilderbücher für die kleinen Gäste irgendwo bereitgestellt werden. Vielmehr finden sich viele durchdachte Details. Das fängt schon damit an, dass im geräumigen Bad Handtuchgarnituren in verschiedenen Farben bereitliegen. Besonders pfiffig ist, dass der Fernseher im Wohnbereich zunächst nicht zu sehen ist. Als Abdeckung dient eine Fläche mit Tafel-Beschichtung – selbst malen oder schreiben anstatt in die Glotze schauen, wird hier also erstmal vorgeschlagen. Wer dennoch fernsehen möchte, kann die Tafel nach oben schieben und das TV-Gerät damit freilegen.

Familienhotel Weimar - im Restauraunt
Dieses Waschbecken im Restaurant “Gretchens” regt die Fantasie an. Für die Kinder könnten die Handtücher allerdings noch besser in Reichweite liegen. © Foto: Meike Nordmeyer

Eine besondere Idee zeigt sich auch im Restaurant. Hier im Hotel weiß man, dass Kinder schneller fertig sind mit dem Essen als die Erwachsenen. Langeweile kann da gar nicht erst aufkommen, denn eine kleine Wendeltreppe führt hinab in eine Spielhöhle, in die sich die Kinder verkriechen können. Da ist es doch gut, wenn sie sich vorher schnell die vom Essen klebrigen Finger waschen können. Eigens dafür steht ein Waschbecken direkt im Restaurantbereich bereit. Und dieses Becken hat die Form einer riesigen Tasse. Ich bin entzückt von diesem Objekt. Es regt nicht nur die Fantasie der Kinder an. Auch ich muss mir immer wieder vorstellen, wie es wohl wäre, wenn aus dem Wasserhahn der Kaffee direkt in die riesige Tasse laufen würde.

Der Marktplatz in Weimar
Der Marktplatz in Weimar. Ganz rechts ist das Cranachhaus zu sehen. Dort lebten im 16. Jahrhundert die Maler Lucas Cranach der Ältere und sein Sohn Lucas Cranach der Jüngere. Das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Renaissance-Haus wurde später originalgetreu wieder aufgebaut. Im Untergeschoss zeigt das “Theater im Gewölbe” seine Aufführungen. © Foto: Meike Nordmeyer

Doch genug dem Kaffee nachgehangen – nun schnell hinaus auf die Piste, um die vielen Besichtigungen und Erkundungen zu schaffen, die wir uns für diesen Tag vorgenommen haben. Goethes Wohnhaus sowieso, das Schillerhaus, die Herderkirche und der Herder-Garten, die Bauhaus-Universität, das Nietzsche-Archiv, das Liszt-Haus, und dann weiter im Park an der Illm spazieren bis zu Goethes Gartenhaus – und noch viel mehr. Abends besuchen wir im Cranachhaus am Markt eine Aufführung des privat geführten “Theater im Gewölbe”. An diesem Abend steht “Goethe – Dramen mit den Damen” auf dem Programm. Das lehrreiche Stück kommt ohne Schwere daher, erweist sich als humorvoll und hintergründig – eine passende Mischung nach einem intensiven Besichtigungstag. Danach nehmen wir noch einen Absacker in einer der Kneipen am Marktplatz. Das Bier zischt in der Kehle. Müde und voller Eindrücke schleppen wir uns dann zurück ins Hotel. Wie gut, dass es nicht weit ist vom Markt zum Frauenplan, und dann die wenigen Schritte in die Seifengasse. Morgen fließt vielleicht ja doch mal Kaffee aus dem Hahn in die riesige Tasse, so stelle ich mir noch im Bett beim Einschlummern vor.

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Erwähnenswert ist auch die ökologische Bauweise des Familienhotels. Die Außenwände bestehen aus 34 cm dicken Holzplatten, die aus kreuzweise vernagelten Brettern gefertigt wurden und damit ohne Leim oder sonstige Produkte der Bauchemie. Die Energieversorgung erfolgt über ein Gas-Blockheizkraftwerk. Damit produziert das Hotel einen großen Teil des benötigten Stroms selbst und verwendet die Abwärme zum Heizen.

Ich bin vom Familienhotel Weimar eingeladen worden, dort ein Wochenende zu verbringen, um das Haus kennenzulernen und zu berichten.

Hier gibt es noch mehr von mir über Weimar zu lesen:
Weisheiten in Weimar

Bloggerin Madlen Brückner von puriy schreibt ebenfalls über Weimar.

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8 Replies to “Neben Goethe wohnen – Familienhotel in Weimar

  1. Ich versuche seit Jahren nach Weimar zu kommen, aber bisher haben mich Dresden und Leipzig immer davon abgehalten :) Das Hotel wirkt wirklich sehr Kinderlieb und verspielt… Liebe Grüße aus München, Vanessa :)

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