Ein Foto vor dem Beethovenhaus – das gehört bei einem Besuch in Bonn unbedingt dazu. Dafür strömen die Touristen in die Bonngasse. Dort bestaunen sie die Fassade des Bürgerhauses aus der Barockzeit, die sich in Altrosa mit dunkelgrünen Fensterläden präsentiert. Über der breiten grünen Holztür steht es in Stein gemeißelt: “Beethovens Geburtshaus”. Genau davor stellen sich die Besucher für ein Foto auf – uuuuuund lächeln!
Was viele Touristen in diesem Moment nicht wissen: Genau genommen ist dieses Gebäude an der Bonngasse gar nicht das Geburtshaus des großen Komponisten. Die Familie van Beethoven lebte nicht in dem repräsentativen Wohnhaus direkt an der Bonngasse. Das hätte sie sich gar nicht leisten können. Das junge Ehepaar van Beethoven zog im Jahr 1767 in das Hinterhaus, den schmalen Anbau auf der Gartenseite. In einer kleinen Dachkammer kam ihr Sohn Ludwig im Jahr 1770 zur Welt.
Wer nicht nur für ein schnelles Foto herbeigeeilt kommt, sondern auch zur Besichtigung bleibt, wird natürlich genauer informiert, welcher Gebäudeteil tatsächlich das Geburtshaus ist. Vorder- und Hinterhaus sind heute mit direkten Durchgängen verbunden und zu einem Museum vereint. Darin findet sich die größte Beethoven-Sammlung weltweit. Im Erdgeschoss des Vorderhauses werden die Besucher zunächst empfangen. Nach dem Ticketverkauf geht es weiter in den Innenhof, und dort gibt es endlich den ersten Blick auf das Geburtshaus, auf das gelb gestrichene Hinterhaus. Die Dachgaube rechts oben gehört zu dem kleinen Zimmer, in dem Ludwig van Beethoven geboren wurde.
Die einstige Wohnung der Familie Beethoven ist noch weitgehend erhalten mit ihren kleinen Räumen und dem knarzenden Holzboden. Für mich ist es ein besonderer Moment, an der Schwelle des Geburtszimmers, dieser kleinen, niedrigen Dachkammer zu stehen. Diese war ursprünglich noch kleiner, als sie sich jetzt präsentiert. Denn das Hinterhaus wurde Ende des 19. Jahrhundert für seine neue Funktion als Museum ein Stück nach hinten hin verlängert. Ich stehe an der Schwelle der Kammer und schaue hinein. Meine Hand lege ich auf das alte Holz des Türrahmens und spüre mich in den Raum hinein, um die Schwingungen an diesem Ort wahrzunehmen. Das Baby Ludwig – hier hat es zum ersten Mal die Luft der Welt geatmet, die vermutlich etwas stickig war. Hier hat es für seine ersten Töne auf dieser Welt gesorgt und sich bestimmt mit kräftigem Geschrei bemerkbar gemacht.
Ein besonderes Exponat im Beethovenhaus ist der Orgel-Spieltisch, auf dem der junge Komponist musiziert hat. Dieser stammt aus der Minoritenkirche, der heutigen Pfarrkirche St. Remigius. Ab seinem zehnten Lebensjahr spielte Ludwig regelmäßig auf dieser Orgel. Im zweiten Weltkrieg ist das bedeutende Instrument vernichtet worden. Der Spieltisch blieb jedoch erhalten, denn dieser war bereits 1904 bei einem Umbau der Orgel abmontiert und dem Beethovenhaus als Ausstellungsstück übergeben worden. Zu sehen ist in der Ausstellung außerdem Beethovens Dienstbratsche aus seiner Bonner Zeit.
Auch wenn die Orgel dort nicht mehr vorhanden ist – bei einer Beethoven-Tour durch Bonn darf ein Besuch der Pfarrkirche St. Remigius nicht fehlen. Denn darin steht im linken Seitenschiff der Taufstein, über dem Beethoven am 17. Dezember 1770 getauft wurde. Er stammt aus der nahe gelegenen, 1806 abgebrochenen Pfarrkirche St. Remigius, von der die bisherige Klosterkirche das Patronat des Heiligen Remigius übernahm. Wer den Taufstein gesehen hat und nun noch mehr zu Beethoven erkunden will, der kann noch einige weitere interessante Punkte in Bonn aufsuchen. Dafür hat die Stadt einen Beethoven-Rundgang zusammengestellt und Infosäulen, die Erläuterung und passende Klänge bieten, an den verschiedenen Stationen platziert.
Begibt man sich auf die Spuren eines Komponisten, überkommt einen schnell die Lust, nun auch eine große Portion Musik zu hören. Eine besonders gute Zeit für einen Besuch in Bonn ist daher während der beiden Monate, in der das Beethovenfest stattfindet. Jedes Jahr im September und Oktober bietet das Festival innerhalb von rund vier Wochen zahlreiche Konzerte. Auch Vorträge und Lesungen gehören dazu. Namhafte Orchester, Dirigenten, Solisten und Ensemble sind vertreten, aber auch Nachwuchstalente oder weniger bekannte Künstlergruppen mit außergewöhnlichen Programmen. Die Musik von Beethoven bildet natürlich einen Schwerpunkt, doch das Festival bietet darüber hinaus ein breites Spektrum vom Barock bis zur Moderne. Neben klassischen Konzerten und moderner Kunstmusik ist beispielsweise auch Jazz oder Weltmusik dabei. Neugierig machen auch Crossover-Projekte wie etwa Techno und Clubmusik auf klassischen Instrumenten oder die Begegnung von Johann Sebastian Bachs Passionsmusiken mit Sequenzen frühchristlicher orientalischer Liturgie und mit wirbelnden Derwischen.
Ein sehr beliebtes Beethoven-Event bildet alljährlich das sogenannte Public-Viewing auf einem zentralen Platz in der Stadt. An einem Sonntagabend in der Festivalzeit wird eins der großen Konzerte aus der Beethovenhalle oder einem entsprechendem Veranstaltungsort live auf Großleinwand übertragen. Das Public-Viewing findet in der Regel auf dem Marktplatz statt, an dem das historische Rathaus steht, das mit seiner prächtigen Fassade in Hellrosa und mit goldenen Verzierungen eine elegante Kulisse dafür bildet. Schon am Nachmittag finden sich zum Vorprogramm zahlreiche Besucher ein und machen es sich in den Liegestühlen bequem, die für die Veranstaltung bereit stehen. Wohlweislich rücken die Gäste mit dicken Jacken und Wolldecken an. Denn an einem Herbstabend kann es zu späterer Stunde schon sehr kühl werden. Ein besonderes Erlebnis bietet der Abend auf dem Stadtplatz auf jeden Fall. Wenn das Wetter mitspielt, dann lässt sich das Konzert sogar unter Sternenhimmel genießen.
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Weitere Informationen
Hier geht’s zum Beethovenfest und zum Programm
Ich bin von Bonn Tourismus und dem Beethovenfest zur Bloggerreise nach Bonn und zum Besuch von Beethovenhaus und Beethovenfest eingeladen worden.
Im Rahmen der Pressereise habe ich im Hotel Kameha Grand in Bonn übernachtet. In einem Blogartikel berichte ich über das Designhotel, das mit umweltfreundlicher Technik ausgestattet ist: Neobarock mit Wärmepumpe
Zum Weiterlesen und Schauen: Streetart würdigt Beethoven in Bonn