Mit Elefanten habe ich auf meiner Reise nach Sardinien nicht gerechnet. Nun gut, lebende Rüsseltiere habe ich nicht über die Insel stapfen sehen. Aber drei bemerkenswerte Darstellungen von Elefanten sind mir dort begegnet. Sie wurden von der Natur oder von Künstlerhand geschaffen und sind aus ganz verschiedenen Zeiten – ein verblüffendes Trio, das ich hier vorstellen möchte.
Castelsardo durfte bei der Rundreise über die Insel, an der ich im September teilgenommen habe, nicht fehlen. Der Ort im Nordosten von Sardinien war ein Highlight der Tour, denn die Häuser der Altstadt ziehen sich dichtgedrängt auf einem felsigen Kap den Berg hinauf und oben drüber thront eine trutzige Festung aus dem 12. Jahrhundert. Ein beeindruckender Anblick! Ein Ausflug dahin lohnt sich und praktischerweise gibt es ganz in der Nähe, nur etwa 5 Kilometer entfernt und direkt an der SS 134 gelegen noch eine weitere Sehenswürdigkeit: die Roccia dell’ Elefante, den Elefantenfelsen.
Auf Reisen gibt es ja häufiger die Momente, in denen die Touristenführer:innen auf bestimmte Felsformationen oder in Tropfsteinhöhlen auf besondere Gebilde aufmerksam machen, die an bestimmte Tiere erinnern sollen. Die Guides erklärend dann gestikulierend, an welchen Linien und Rundungen entlang die Betrachter:innen die Figuren erkennen können, wenn sie ihre Fantasie nur genügend bemühen. Manchmal stellt sich jedoch nur eine gewisse Ahnung ein. Das ist bei diesem etwa 5 Meter hohen Felsen aus Trachytstein anders – da steht auf einmal ein Elefant direkt an der Fahrbahn! Das Tier neigt den Kopf neugierig nach oben, sodass der Rüssel direkt auf die Straße weist und sich gleich zu bewegen scheint. Und doch ist es nur ein verwitterter Felsen. Wind und Wetter haben den Stein in Jahrtausenden so auffällig geschliffen.
Die markante Form ist offenbar auch schon Menschen aus der Ozieri-Kultur aufgefallen. Sie haben diesen Felsen als besonderen Ort und als bemerkenswertes Objekt geschätzt und genutzt, wie Archäolog:innen nachweisen konnten. Die Forscher:innen fanden mehrere kleine Grabkammern, die diese Menschen in der Jungsteinzeit in den Felsen schlugen und die dort noch gut zu erkennen sind.
Ein weiterer, wesentlich kleinerer Elefant, der von Menschenhand geschaffen wurde, findet sich in Cagliari, der Inselhauptstadt. Die kleine Skulptur aus Marmor steht auf einem Vorsprung eines mittelalterlichen Turms, der zur Festungsanlage der Stadt gehört und von dem sardischen Architekten Giovanni Capula Anfang des 14. Jahrhunderts entworfen wurde.
Der Turm ist rund 35 Meter hoch, aus hellem Kalkstein errichtet und an der Rückseite offen. Das mächtige Gebäude diente nicht nur zur Verteidigung, sondern auch als Tor zur mittelalterlichen Stadt. Die schützende Falltür, die dazu gehörte, ist auch noch vorhanden.
Fein gearbeitet ist die Elefantenfigur, auch wenn sie den Eindruck macht, dass derjenige, der sie einst aus dem Stein gemeißelt hat, noch nie einen echten Elefanten mit eigenen Augen gesehen hat. Denn der Körper erinnert eher an einen Hund oder an ein Schwein. Nur der sehr lange Rüssel macht die Einordnung als Elefanten eindeutig. Warum dieser Elefant damals an dem wehrhaften Turm angebracht wurde, das lässt sich heute nicht mehr klären. Dennoch ist die kleine Figur ein Wahrzeichen der Stadt und hat dem mittelalterlichen Turm seinen Namen Torre dell’ Elefante gegeben.
Mit dem dritten Elefanten geht es nun in die jüngste Gegenwart. Olbia, die Hafenstadt im Norden der Insel, hat ebenfalls eine bemerkenswerte Elefantendarstellung zu bieten. In der Altstadt entdeckte ich an der überwiegend als Parkplatz genutzten, etwas abseitig gelegenen Piazzale Dottor Marco Agostino Amucano ein besonders schönes Stück Streetart des Künstlers Mr. Wany. Es zeigt einen bei Feuer herbeieilenden Elefanten mit großen wehenden Ohren. Aus seinem langem Rüssel schüttet er Wasser auf das Feuer, um es zu löschen. Der Clou dieses Kunstwerkes ist die Einbeziehung einer grauen Abluftanlage, die an einer Hauswand angebracht ist. Die auffällige Form der Anlage stellt bestens die Form des Elefantenkopfs mit langem, aufrecht gestelltem Rüssel dar. Der Künstler hat den Effekt gesehen und ihn treffsicher für sein Streetart-Piece genutzt. Thematisch verweist er damit auf die Waldbrände, die auf Sardinien bei Trockenheit und Hitze immer wieder eine große Gefahr darstellen.
Von der Jungsteinzeit über das Mittelalter bis zur heutigen Streetart – eine faszinierende Reihe von Elefanten ist mir auf Sardinien begegnet. Während meiner einwöchigen Rundreise habe ich sehr viel aber längst noch nicht genug von der schönen Insel gesehen, daher will ich möglichst bald noch einmal dort hinreisen. Ob ich dann noch mehr Elefanten entdecke?
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Die drei Elefanten auf Sardinien habe ich kennengelernt auf einer Rundreise über die Insel, die ich als private Urlaubsreise unternommen und komplett selbst finanziert habe. Eine Einladung bestand nicht.
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