Genießen an den steilen Klippen von Madeira

Ausblick am Cabo Girao
Ein atemberaubender Ausblick auf die Steilküste von Madeira bietet sich von der gläsernen Aussichtsterrasse am Cabo Girao. 580 Meter über dem Meeresspiegel liegt dieser sogenannte Skywalk. Die Steilklippen an dieser Stelle zählen zu den höchsten Europas. © Foto: Meike Nordmeyer

Die Wellen werfen einen weißen Saum auf den dunkelgrauen Steinstrand, ziehen sich wieder zurück, um erneut schäumend aufzuschlagen. Ein Getöse muss das sein. Doch davon höre ich nichts, ich sehe es nur weit unter mir. Der Strand vor der Steilklippe Cabo Girao im Süden von Madeira liegt 580 Meter unter mir. Ich stehe auf der Aussichtsplattform aus Stahl und Glas, die oben auf der Klippe weit über den Felsen hinausragt. 2012 wurde dieser Skywalk eröffnet, und er bietet einen atemberaubenden Blick die Steilklippe hinunter, die zu den höchsten in Europa zählt. Manchen Besuchern ist der Boden aus Panzerglas nicht geheuer. Wer nicht schwindelfrei ist, für den bildet dieser sicherlich eine Herausforderung. Manche wollen es gar nicht, einige wagen sich nur zögernd Schritt für Schritt auf die durchsichtige Fläche und weiter bis zur schulterhohen Reling aus Glas mit dickem Geländer darüber. Doch es lohnt sich, auch der weite Blick hinaus auf das Meer ist spektakulär.

Felder am Cabo Girao
Der Blick vom Skywalk nach unten zeigt kleine terrassierte Felder, die sich an den Felsen vom Cabo Girao drängen.
© Foto: Meike Nordmeyer

Wer von dort senkrecht hinabblickt, kann entdecken, dass sich ganz da unten vor dem Strand einige Terrassenfelder an den Felsen drängen. Früher haben die Besitzer diese nur auf dem Seeweg erreichen können. Bis 2003 eine Seilbahn errichtet wurde, die vom nahegelegenen Ort Rancho fast senkrecht am dicken Draht vor den Klippen hinabfährt. Die Bahn wurde vor allem für die Landwirte gebaut, aber auch Besucher können eine Tour damit unternehmen. Es lohnt sich jedoch wesentlich mehr, eine andere Seilbahn zu nutzen, die Luftlinie etwa 2 Kilometer weiter westlich ebenfalls zum Steinstrand hinunterfährt. Die Felsen sind dort noch etwa 300 Meter hoch und die Gondeln sirren innerhalb von 4 Minunten am Seil hinab zu dem schmalen Landstreifen Faja dos Padres, dem Strand der Mönche.

Dieses kleine, etwa 100 Meter breite Stück Land vor den Felsen mit einer Fläche von insgesamt etwa 13 Hektar gehörte einst den Jesuiten, die sich dort im 15. Jahrhundert ansiedelten. In der geschützten Lage mit fruchtbarem Boden betrieben sie Landwirtschaft und Weinanbau. Sie verarbeiteten die empfindliche Malvasia-Traube zu einem aromatischen Süßwein, der weit über die Insel hinaus berühmt wurde. Als sie 1766 von dort vertrieben wurden, verschwanden auch die Weinreben. Nun wurden Zuckerrohr und Bananen angebaut. Es folgten viele Jahre mit wechselnden Besitzern. Bis 1921 Vorfahren des heutigen Besitzer-Ehepaares Isabel und Mario Jardim Fernandes den Landstreifen erwarben. “Es ist ein kleines Paradies hier”, sagt Mario Jardim Fernandes, “die Vorfahren meiner Frau haben diesen Ort einst vom Boot aus gesehen und wollten ihn unbedingt haben.”

Seilbahn nach Faja dos Padres
300 Meter steil abwärts fährt die Seilbahn nach Faja dos Padres. © Foto: Meike Nordmeyer

Die Besucher kommen mit der Seilbahn mitten in einer Obstplantage an. Bananen wachsen da, Mangos, Avocados, Papayas, Passionsfrüchte und Feigen. Auch die feinen Surinam-Kirschen finden sich dort, von denen auf dem Markt ein Kilo knapp 40 Euro kostet, wie Fernandes beiläufig anmerkt, während er die kleinen, knatschroten Früchte zeigt. Ein enormer Reichtum an Obst und auch Gemüse wie Süßkartoffeln und Tomaten gedeiht auf den Plantagen bestens. Begünstigt wird das durch das besondere, fast tropische Mikroklima, das an diesem Ort herrscht. Denn dieser wird von den hohen Klippen gut abgeschirmt und der Felsen reflektiert die Sonnenstrahlen. Damit ist es dort noch milder und stets ein paar Grad wärmer als auf der übrigen Insel. Und das auf Madeira, denke ich seufzend, jener Insel, die mich ohnehin mit ihren ganzjährigen Frühlings- und Sommer-Temperaturen zwischen 19 und 26 Grad beeindruckt und ziemlich neidisch macht, denn das hätte ich zu Hause auch gerne.

Strelitzien an der Faja dos Padres
Auch bei bedecktem Himmel ist es an der Faja dos Padres schön, denn es ist ein besonderer Ort. Viele Strelitzien blühen dort und leuchten mit ihrem kräftigen Orangeton. © Foto: Meike Nordmeyer

Ich schlendere an den Bananenstauden und Papayabäumen vorbei und bewundere die Blütenpracht von Fuchsien, Cannas, Begonien und vielen prächtigen Strelitzien, die ihre extravaganten Blütenschnäbel hervorrecken und mit ihren aufgestellten orangefarbenen Blättern besonders leuchten. Ja, es ist ein Paradies, durch das man da wandeln kann. Und das jetzt so schnell und bequem zu erreichen ist. Die Seilbahn ist noch recht neu, sie wurde im April 2016 eröffnet. Lange Zeit war Faja dos Padres nur über den Wasserweg zugänglich oder über einen mühsamen, schwierigen Wanderweg. Im Jahr 1998 wurde dann ein Fahrstuhl direkt an die Felswand montiert. Damit kamen nun mehr Besucher. Das Gefährt war aber nicht allen so ganz geheuer und es war schließlich in die Jahre gekommen. Mit der Seilbahn ist es nun sicher und einfach geworden, an diesen schönen Ort zu gelangen. Nicht nur Touristen, auch viele Einheimische kommen hier im Sommer vor allem an den Wochenenden hinunter, um das Restaurant zu besuchen, sich zu sonnen und auch im Meer zu baden. Am Bootssteg ist extra eine größere Plattform angelegt, auf der Liegestühle und Sonnenstühle bereitstehen, auch Duschen und Umkleideräume sind dazu vorhanden.

Weinprobe von Malvasia
Geschmackserlebnis mit goldfarbener Flüssigkeit: eine Weinprobe im historischen Weinkeller von Faja dos Padres. Verschiedene Sorten von Malvasia gibt es dort zu kosten. © Foto: Meike Nordmeyer

Wen der Ort besonders fasziniert, der kann auch länger bleiben. Neun Häuser, in denen früher Plantagenarbeiter gewohnt haben, sind restauriert und zu Ferienhäusern umgebaut worden. Die Gäste wohnen damit mitten in der Plantage, direkt vor den Klippen am Steinstrand, der abends, wenn die Seilbahn alle Tagesbesucher wieder hinaufgebracht hat, einsam wird. Dann gibt es nichts zu hören als den Wind, das Wellenrauschen und das Gluggern des Wassers auf den Steinen. Das muss sehr besonders sein.

Und dann ist da auch noch der Wein, der zurückgekehrt ist an diesen Ort. Dafür sorgte vor etwa 20 Jahren Mario Jardim Fernandes, im Hauptberuf Ingenieur bei den Elektrizitätswerken von Madeira und als Sohn eines Winzers vertraut mit der Kunst des Weinanbaus. Er griff die Tradition auf und pflanzte den Malvasia wieder an. Seine Besucher führt er gerne zu einer kleinen Kostprobe in die Schatzkammer, wie er den historischen Weinkeller nennt. Italienische Opernmusik läuft dort, während Fernandes kleine Gläser mit der edlen bernsteinfarbenen Flüssigkeit füllt. Aromatisch und facettenreich präsentiert sich der Wein, mit eigenen feinen Nuancen bei jeder Sorte, die es zu probieren gibt. Auch eine Variante ist dabei, die mit Regenwasser ergänzt wurde, eine ebenso außergewöhnliche wie bewährte Kreation.

Mario Jardim Fernandes
Mario Jardim Fernandes, Besitzer und Winzer von Faja dos Padres, holt mit dem Bambusrohr einen Schluck Malvasia aus dem Fass, um ihn seinen Gästen zur Kostprobe anzubieten. © Foto: Meike Nordmeyer

Nach der Probe in dem vorderen Raum, wo schon Flaschen und Gläser bereitstanden zum Probieren, führt Fernandes einige besonders interessierte Besucher nun noch in den kleineren hinteren Raum. Dort lagern die Holzfässer liegend in dem Gemäuer. Auf einem davon ist mit Kreide die Jahreszahl 2001 geschrieben. Fernandes löst vorsichtig einen Korken auf der oberen Seite des Fasses. Er greift zu einem langen Bambusrohr, das am Ende zu einer länglichen Schöpfkelle geformt ist. Das Rohr taucht er in das Fass, holt damit langsam eine Probe heraus und gießt diese sorgsam in ein Glas. Er schnuppert kurz daran und probiert erstmal selbst mit konzentrierter Miene. Dann füllt er weitere Gläser mit einem kleinen Schluck und bietet sie zum Probieren an. “Das ist der Geschmack von Madeira”, sagt er lächelnd. “Aber dieser Wein kann noch ein bisschen. Der bleibt noch bis zum Jahr 2021 im Fass”, merkt er an. Es ist klar, dass es eine besondere Ehre ist, diesen feinen, leicht öligen Tropfen zu kosten, der sanft nach Kräutern schmeckt und Nüssen und mit einem leichten Honigton die Kehle hinunterrinnt.

Restaurant in Faja dos Padres
Traumhaft schön: im Restaurant in Faja dos Padres unter Palmen sitzen, fein speisen und aufs Meer schauen. © Foto: Meike Nordmeyer
Dessert im Restaurant von Faja dos Padres
Feines Dessert im Restaurant von Faja dos Padres – eine intensive Mousse au Chocolat wird da serviert, garniert mit einer Surinamkirsche, die dort unten vor den Klippen gewachsen ist.
© Foto: Meike Nordmeyer

Nach diesem besonderen Geschmackserlebnis ziehe ich weiter, bummele den Weg entlang, der hinaus aus der Plantage führt, und laufe dann an etlichen Sträuchern mit Strelitzien vorbei. Ich horche auf die Wellen, die hier flach auf den Strand spülen und sich mit einem rauschenden, reibenden Geräusch über die Steine wieder zurückziehen. Ich laufe zum Restaurant, wo schon mehrere Tische für unsere Gruppe gedeckt sind. Es ist fantastisch, hier unter Palmen zu sitzen, zu speisen und auf das Meer zu schauen. Als Apertif wird natürlich ein Malvasia serviert. Und die Gerichte sind mit dem zubereitet, was die eigenen Plantagen hergeben und was fangfrisch aus dem Atlantik kommt. Den Hauptgang bildet ein gegrilltes Thunfischfilet auf einem üppigen Gemüsebett. Als Dessert folgt eine intensive dunkle Mousse au Chocolat, garniert mit einer Surinamkirsche, die hier unten vor den Klippen reifen durfte. Das Essen begleitet ein kühler, hauseigener Weißwein. Unterdessen glitzert das Meer und es weht ein milder Wind – da fühlt man sich wie im Paradies und möchte von diesem schönen Ort gar nicht mehr weg.

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Ich bin von DER Touristik und Visit Madeira zu der Recherchereise nach Madeira und zu dem Tagesausflug zum Cabo Girao und nach Faja dos Padres eingeladen worden.

Von Funchal aus sind es mit dem Auto etwa 15 Kilometer zum Cabo Girao und dann nochmal etwa 4 Kilometer zur nahegelegenen Seilbahn nach Faja dos Padres, beide Punkte sind gut in etwa 20 Minuten mit dem Mietwagen zu erreichen. Mit den öffentlichen Bussen des Betreibers Rodoeste lässt sich ebenfalls dorthin fahren. Mehrere Linien von Funchal nach Ribeira Brava halten dort, zum Beispiel die Linie 154. Zudem werden organisierte Ausflüge von Funchal aus angeboten, zum Beispiel bei einer gebuchten Reise nach Madeira mit dem Reiseveranstalter DER Touristik.

Die Seilbahn nach Faja dos Padres fährt täglich im Sommer von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende ist sie bis 19 Uhr im Betrieb. Im Winter täglich hingegen von 11 bis 18 Uhr. Eine Fahrt kostet für Erwachsene 10 Euro. Kinder unter 11 Jahren fahren kostenfrei. Die Gäste der Ferienhäuser ebenso. Sie können auch Fahrten außerhalb der regulären Betriebszeiten anmelden. Nähere Infos zur Geschichte von Faja dos Padres, zur Seilbahn und zu den Ferienhäusern finden sich auf der Webseite der Faja dos Padres.

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Madeira – farbenfrohes Maracuja-Land
Porto Santo und Madeira – traumhafte Kombi

Noch ein Tipp: Bei einem Besuch auf Madeira unbedingt auch den Poncha probieren, das ist ein Zuckerrohrschnaps mit Honig und Zitrone. Das typische Inselgetränk darf in keiner Bar und auf keiner Party auf Madeira fehlen und wird auch gerne als Medizin für Leib und Seele bezeichnet. Es gibt den Poncha auch in einer fruchtigen Version mit Maracuja.

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