Das schönste am Frühling sind die blühenden Bäume. Nach langer, trüber Winterzeit endlich wieder Frühlingsluft zu schnuppern, das tut der Seele so gut. Und dann hinaus zu ziehen, sich unter die Kirschbäume mit ihren fluffigen, rosafarbenen Blüten zu stellen, diese Farbpracht anzuschauen und den Anblick regelrecht in sich hineinzusaugen – das sind mit die schönsten Momente im Frühling. Bald geht es auch in Wuppertal wieder los. Es geht auf April zu und die Knospen zeigen sich jetzt schon prall und voller Kraft. Einige Bäume mit Blüten in Weiß und Hellrosa sind schon erblüht, die meisten von ihnen legen jetzt in den nächsten Tagen los. Die japanische Zierkirsche mit den größeren Blüten in sattem Rosa macht es noch ein bisschen spannender und wird dann in einigen Tagen folgen.
Seit vielen Jahren schon habe ich einen Lieblingsplatz in meiner Heimatstadt Wuppertal, an dem ich die blühenden Kirschbäume genieße. Dieser Ort liegt mitten im urbanen Gebiet im westlichen Elberfeld und das mit einem Umfeld, das wahrlich nicht zu den schönsten Bereichen im Stadtgebiet zählt. Aber gerade darum wirkt es wie ein kleines Wunder, wenn sich dort im April auf einer kleiner Grünfläche für etwa zehn Tage ein Frühlingszauber einstellt. Und obwohl dieser Platz mitten in der Stadt liegt, bin ich unter den Kirschbäumen meist ganz für mich allein. Ein Rummel zur Kirschblüte wie beispielsweise in der Altstadt in Bonn herrscht dort nicht. Die Kirschblüte in Bonn ist ja auch viel spektakulärer, weil viel großflächiger. Bei meinem Lieblingsplatz in Wuppertal handelt es sich um eine kleine, aber ganz besondere Fläche, die daher mein Geheimtipp für die Zeit der Kirschblüte ist. Und das obwohl sie gar nicht versteckt, sondern direkt von der Schwebebahn aus zu sehen ist.
Bei meinem Tipp geht es um eine kleine Grünfläche kurz vor der Varresbeck, die an das dortige Firmengelände der Bayer AG angrenzt. Sie liegt direkt an der Wupper und an der Strecke der Schwebebahn. Das macht die Anfahrt dorthin ganz einfach und schön, denn durch Wuppertal zu schweben, lohnt sich immer. Wer vom Hauptbahnhof aus mit der Schwebebahn Richtung Vohwinkel fährt, dem bietet sich ein Stück vor der Station Varresbecker Straße bereits ein Blick von oben auf die in Rosa blühenden Bäume – und schon das ist zauberhaft.
Wer die blühenden Bäume auch vom Nahen sehen möchte, steigt an der Station Varresbecker Straße aus, geht die Treppe der Station hinunter und nach rechts hinaus. Von daaus geht es dann einfach etwa 200 Meter wieder zurück in Richtung Hauptbahnhof und dann ist die Grünfläche mit den Kirschbäumen schon nach wenigen Schritten zu sehen. Direkt daran angrenzend liegt zudem ein kleiner Parkplatz des Bayer-Werkes. Auch dieser ist von Kirschbäumen gesäumt und so setzt sich dort die Blütenpracht fort. Aber die Grünfläche ist natürlich der schönere Teil. Die Bäume stehen dort auf der saftig grünen Wiese so nah beieinander, dass sich ihre Äste stellenweise zu einem Baldachin aus Blüten zusammenfügen. Dazu plätschert und gluggert seitlich die Wupper, das Wasser glitzert in der Frühlingssonne. Mit etwas Glück lässt sich auch ein Reiher blicken und verweilt dort auf einem großen Stein am Ufer. Zudem rauschen alle paar Minuten die hellblauen Wagen der Schwebebahn vorbei. Ich finde, das ist ein herrlicher Ort zur Blütenzeit. Jedes Jahr fahre ich in diesen Frühlingstagen dorthin und stehe dort für längere Zeit einfach nur freudig und gedankenverloren unter den Blüten und lausche dabei dem Plätschern der Wupper.
Vergangenes Jahr im coronabedingten Lockdown bin ich mehrfach dorthin gefahren. Es tat mir besonders gut, einfach da draußen zu stehen und die Blütenpracht zu genießen. Denn so viele andere Unternehmungen waren ja nicht möglich. Dabei war es ein besonderer Vorteil, dass an dieser Stelle, direkt auf der Wiese nur selten andere Menschen anzutreffen sind. Der Lockdown im vergangenen Jahr hatte auch dafür gesorgt, dass fast überhaupt kein Autoverkehr am Wochenende dort zu verzeichnen war. Das machte den Ort noch schöner, weil noch viel ruhiger. Denn die Straße, die dort vorbeiführt, ist sonst doch stark befahren. Von daher ist es auf jeden Fall sinnvoll, den Ort am Wochenende zu besuchen, wenn auf der Straße weniger los ist.
Die Fotos, die ich hier zeige, sind an verschiedenen Tagen aufgenommen, vom 5. April 2020 an, als zunächst die zarten weißen Blüten aufgegangen sind, bis zum 11. April 2020, das war der Karsamstag. Die Blütezeit variert natürlich jedes Jahr je nach Wetter etwas. Auf den Bildern von Karsamstag des vergangenen Jahres ist schon zu sehen, wie sich bereits immer mehr junge grüne Blätter durch das Blütengewuschel ziehen. Ein erstes Anzeichen dafür, dass die Blütenpracht sich allmählich dem Ende zuneigt. Aber auch dann ist der Anblick immer noch schön. Und die folgenden Tage, wenn die Blütenblätter von den Bäumen hinabrieseln, haben dann nochmal ihren ganz eigenen Reiz.
In der Regel geht es mit der Blüte an der Varresbeck in den ersten Tagen des Monats April los. Dann erblüht an dieser Stelle erstmal ein Baum mit zarten weißen Blüten, wie auf dem Bild hier unten zu sehen ist. An der japanischen Kirsche rechts daneben sind die Knopsen schon zu sehen. Sie werden drei oder vier Tage später im satten Rosa erblühen, wie auf dem darauf folgenden Bild zu sehen ist.
Zum Hintergrund: Die Gebäude, die auf dem direkt hier drüber stehenden Foto auf der anderen Seite der Wupper zu sehen sind, und auch jene, die seitlich der Wiese und des Parkplatzes stehen, gehören allesamt zur Bayer AG und ihrem traditionsreichen Standort in Wuppertal Elberfeld, der sich dort auf einer lang gestreckten Fläche durch das an dieser Stelle sehr schmale Tal der Wupper zieht. Der heutige Weltkonzern wurde 1863 in Barmen gegründet und bereits 1866 auf dieses Gelände in Elberfeld verlegt. Barmen und Elberfeld waren damals noch zwei eigenständige Städte und sind heute beides Stadtteile von Wuppertal. Im Jahr 1897 gelang es den Chemikern des Unternehmens in Elberfeld, die Acetylsalicylsäure, kurz ASS herzustellen. Vermarktet wird diese von der Bayer AG unter dem Namen Aspirin. Das bekannteste Schmerzmittel der Welt stammt also aus dem Tal der Wupper, von diesem Ort. Wer mit der Schwebebahn vom Hauptbahnhof zur Station Varresbeck fährt, der schwebt einmal über das Wuppertaler Bayer-Werk hinweg – das ist auch so eine Besonderheit dieser Stadt im Bergischen Land.
Im vergangenen Jahr habe ich auch den untenstehenden kleinen Film von diesem speziellen Blütenplatz an der Varresbeck gedreht. Das war bei meinem dritten Besuch dort in der Blütensaison, am damaligen Karsamstag, als sich schon einige frisch geschlüpfte grüne Blätter zwischen den rosafarbenen Blüten hervortun. Auf der Straße neben der Grünfläche zieht in dem kurzen Film nur zu Beginn ein einzelnes Auto vorbei. Im Lockdown im April 2020 und an diesem Samstag vor Ostern war es extrem ruhig in der Stadt.
Ich freue mich schon darauf, dort schon bald wieder auf der Wiese zu stehen und mich von dem Blütenzauber beglücken zu lassen. Die Momente unter blühenden Kirschbäumen sind für mich immer schon und in diesen Zeiten ganz besonders ein großes kleines Glück.
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Für die Fahrt mit der Schwebebahn gelten die regulären Tickets des Verkehrsverbunds VRR. Für die gesamte Strecke der Schwebebahn genügt für die einfache Fahrt in eine Richtung ein Einzelticket der Preisstufe A.
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Ein weiterer Tipp für die Blütenpracht im Frühjahr
Traumhaft: Die Kirschblüte in Bonn
Für die Kirschblüte in Wuppertal handelt es sich hier lediglich um einen kleinen Geheimtipp. Die Kirschblüte in der Altstadt von Bonn hingegen ist spektakulär. Ganze Straßenzüge, wie vor allem die Heerstraße, sind von den blühenden Bäumen durchzogen. Das hat sich längst weit herumgesprochen. Daher ist der Andrang zur Blütezeit dort sehr groß.