Die Viktoria-Torte – königlicher Genuss aus Eberbach am Neckar

Ein Stück Viktoria-Torte mit Cappuccino
Weltberühmt und weitgereist: Ich habe die Vktoria-Torte im Café Viktoria in Eberbach am Neckar genossen und mit Inhaber Alfred Cakraj über die besondere Geschichte der Spezialität gesprochen. © Foto: Meike Nordmeyer

Es ist nicht nur eine Torte, es ist eine Legende. Die Viktoria-Torte aus Eberbach am Neckar ist patentiert, hat royale Bezüge, wird auch im Buckingham-Palast geschätzt und an Fans in der ganzen Welt verschickt. Wer nach Heidelberg reist und von dort aus weiter am Neckar entlang auf der touristisch reizvollen Burgenstraße unterwegs ist, sollte unbedingt einen Abstecher nach Eberbach machen und im Café Viktoria an der Friedrichstraße die weltberühmte Torte kosten.

Das habe ich bei meinem Ausflug zum ersten Teil der Burgenstraße von Mannheim über Heidelberg bis Neckarsteinach und Eberbach auch gemacht. Ich treffe in dem Café Alfred Cakraj, Ehemann von Inhaberin Dorina Camaj. Er erzählt mir begeistert alles über die berühmte Spezialität und über die jüngsten Entwicklungen des Hauses. Aber erstmal bekomme ich die famose Köstlichkeit serviert. Dazu einen Cappuccino. Alfred Cakraj lächelt und zieht sich zurück, denn nun darf ich erstmal ganz in Ruhe genießen.

Inhaber Alfred Cakray zeigt die Viktoria-Torte
Im Café Viktoria präsentiert Inhaber Alfred Cakraj stolz die soeben frisch angeschnittene Viktoria-Torte. © Foto: Meike Nordmeyer

Schon das besondere Aussehen der Torte beeindruckt. Sie präsentiert sich als eine glatte Kuppel, bedeckt mit dicht aneinanderliegenden Scheiben von Biskuit-Rollen, die mit Aprikosengelee fein glänzend überzogen sind. Mein Tortenstück liegt seitlich gekippt in einer kleinen Edelstahl-Schale, wie ich sie sonst nur aus Eissalons kenne. Langsam drücke ich die Kuchengabel in die Masse, die aus Biskuit und Creme besteht und lasse mir dann dieses softe Gemisch auf der Zunge zergehen. Die Creme ist mit Orangensaft, Sahne, Zitrone, herbem Wein und Rum angerührt. Das genaue Rezept ist natürlich streng geheim, und auch das macht den Reiz aus. Wer mag, bekommt das Stück Torte auch mit einem Grand-Marnier-Topping serviert.

Als sich Alfred Cakraj wieder zu mir setzt, erzählt er sogleich von dem Patent dieser Kreation. Darauf ist er besonders stolz, denn er hat sich dafür eingesetzt, dass das schon seit 1964 bestehende Patent, das Namen und Rezept der Torte schützt, nun ganz aktuell und amtlich im April dieses Jahres noch erweitert wurde. Jetzt gehört auch die besondere Form der Torte dazu und die Art der Verpackung für die Versendung. Durch die kompakte Kuppelform kann die Torte in einer speziellen Styropor-Form gut verschickt werden. Tiefgekühlt verpackt wird sie in die ganze Welt verschickt und kommt sicher bei den Besteller:innen an. „Unsere Torte wird in so vielen Ländern geschätzt. Für mich ist sie ein Zeichen für ein verbundenes Europa“, sagt Cakraj, der aus Albanien stammt und schon seit 30 Jahren in Deutschland lebt.

Die Viktoria-Torte mit Patent
Eine Torte und ihr Patent. Nach 60 Jahren wurde das Patent auf die Viktoria-Torte jetzt erweitert. Geschützt sind nicht nur Namen und Rezept, sondern nun auch Form und die spezielle Verpackung zur sicheren Versendung der Spezialität. © Foto: Meike Nordmeyer

„In normalen Zeiten, also September bis April, versenden wir 5 bis 20 Torten am Tag“, berichtet er. „Nur im Hochsommer bei Hitze setzen wir damit aus. Vor Weihnachten sind es dann rund 40 Torten am Tag, die auf die Reise gehen. In unserer Adressdatei sind rund 10.000 Kunden, die bei uns bestellen“, so verrät Cakraj. Auch nach Amerika oder China wird die Spezialität verschickt. Und die Kreation, die es schon seit 1962 gibt, begeistert immer wieder. 2011 wurde sie beim „Bundes-Cake Contest“ des Pro7-Magazins Galileo zur „Besten Torte Deutschlands“ gekürt.

Was aber hat es nun mit dem Bezug zum englischen Königshaus auf sich? Da gibt es gleich mehrere, die nicht alle historisch völlig wasserdicht sind, aber bei dem auch ein Schiff eine wichtige Rolle spielt. Gesichert ist, dass die Mutter von Queen Victoria in Amorbach, unweit von Eberbach lebte. Victoria Marie Luise war eine Tochter des Herzogs von Sachsen-Coburg-Saalfeld und eine jung verwitwete Fürstin von Leiningen. Sie heiratete erneut, der Edward von Kent hatte sie zur Frau erwählt. Die Hochzeit fand 1818 in Coburg statt. Nach kurzem Aufenthalt in England zog das frisch vermählte Paar nach Amorbach und wohnte 1818 auch im Thalheim’schen Haus in der Kellereistraße in Eberbach. Das ist historisch gesichert. Der weitere  Fortgang der Geschichte wurde wohl von alteingesessenen Familien in Eberbach überliefert. Demnach soll die Herzogin auf einem Schiff, das ganz in der Nähe von Eberbach lag, ein Mädchen zur Welt gebracht haben. Dieses Schiff soll nach englischem Recht zu englischem Boden erklärt worden sein und damit habe es sich dann bestens gefügt, dass Töchterchen Victoria, die spätere Königin von Großbritannien und Irland, passenderweise in England zur Welt kam.

Katalog des Viktoria Cafés
Der Katalog des Café Viktoria zeigt Queen Victoria auf dem Cover. Zum 60-jährigen Bestehen des ersten Tortenpatents im November 2024 soll es eine Neuauflage geben, in der auch die neu kreierten Sorten der Viktoria-Torte aufgeführt werden. © Foto: Meike Nordmeyer

Den historischen Bezug und die ausschmückende Erzählung nahm Konditormeister Heinrich Strohauer III. zum Anlass, die von ihm komponierte Spezialität Viktoria-von-Eberbach-Torte zu nennen, so lautet die vollständige Bezeichnung. Die kleine Verfremdung bei der Schreibweise mit dem Buchstaben K im Namen war dabei bewusst eingesetzt. Das originale “C” der Königin Victoria wurde von Strohauer eingedeutscht in ein K für Kuchen, so lautet eine anschauliche Erklärung.

Zum besonderen Rezept der Torte erhielt der Konditormeister zuvor ebenfalls eine royale Inspiration. Während einer internationalen Tagung im Jahr 1962 war Strohauer gemeinsam mit anderen Konditormeistern als deutsche Delegation ins Grand Hotel in Stockholm eingeladen. Die schwedische Königsfamilie hatte zum Festbankett eingeladen. Als Nachspeise gab es ein Orangen-Dessert, das den Eberbacher Gast begeisterte. Das Rezept hat er vom zuständigen schweizer Patissier partout nicht verraten bekommen. Aber Strohauer war nun angefixt. Wieder ins heimische Eberbach zurückgekehrt entwickelte er nach seiner Erinnerung an den feinen Geschmack die Creme und davon ausgehend die gesamte Komposition der Viktoria-Torte.

Seine Kreation hat schnell viele Fans gefunden. Zu diesen gehörte auch eine Cousine der in Eberbach tätigen Hauswirtschaftslehrerin Johanna Nedden. Die Verwandte aus Emden war zu Besuch in Eberbach und wollte sich für den erneuten Genuss einige Zeit später eine Viktoria-Torte nach Hause schicken lassen. Die Hauswirtschaftslehrerin betrachtete das als Herausforderung. Sie fror die Torte ein und verpackte sie dann gut gepolstert. Die Versendung nach Ostfriesland klappte schadenfrei und beglückte die Cousine im Norden. Das brachte den Tortenerfinder Strohauer auf die Idee, seine Spezialität von nun an auch an begeisterte Kundschaft außerhalb von Eberbach zu verschicken. Schon bald folgte dann eine weitere kühne Idee: Warum nicht auch Queen Elisabeth eine Viktoria-Torte schicken? So reiste seine süße Kreation schon bald per Luftpost in den Buckingham-Palast. Das war wieder ein Treffer! Die Queen danke per Brief. Und seitdem gehen immer wieder zu Festlichkeiten wie Thronjubiläen, Hochzeiten, runden Geburtstagen oder Geburten von Königskindern besondere Torten aus Eberbach auf Reisen zur britischen Königsfamilie. Die jüngste Kreation für diese ehrenvolle Versendung ist die Krönungstorte von König Charles III, die auch im Katalog der Konditorei abgebildet ist. Denn auch Fans des britischen Königshauses können sich diese süßen royalen Sondereditionen zuschicken lassen.

Konditorei mit langer Tradition wurde gerettet

Ausgehend von der anfänglichen, schon im Jahr 1886 in Eberbach gegründeten Bäckerei von Heinrich Strohauer I. führte die Familie den bald zur Konditorei mit Café gewordenen Betrieb vier Generationen lang. Im Jahr 2022 konnte diese Tradition jedoch nicht mehr fortgeführt werden. Dem Café Viktoria drohte die Schließung. Das wollten Dorina Camaj und ihr Mann Alfred Cakraj aus Heilbronn aber nicht zulassen. Das Ehepaar kannte die Geschichte des Cafés und die legendäre Spezialität und haben den Betrieb übernommen, um ihn zu retten. „Diese bedeutende Tradition hier in der Region durfte nicht verlorengehen. Die wollten wir erhalten, dazu haben wir uns spontan entschlossen“, so erklärt es Cakraj kurz, aber mit funkelnden Augen. „Ich kann die Viktoria-Torte jetzt auch herstellen, das habe ich mittlerweile gelernt. Und da müssen wir auch alle gemeinsam ran, so viele Exemplare, wie wir ständig hier im Café servieren und auch verschicken“, betont der Ingenieur, der zum Tortenspezialist wurde.

Auch wenn Cakraj es recht schnell gelernt hat – es ist anspruchsvoll, die Viktoria-Torte anzufertigen. „Mit allen zugehörigen Prozeduren braucht eine Torte vier Tage lang, bis sie fertig ist“, betont der Ingenieur. Bei der Herstellung haben die neuen Inhaber fachgerechte Unterstützung. Konditormeister Pfeifer steht ihnen beratend zur Seite. „Ohne sein Okay läuft hier gar nichts”, erklärt Cakraj. „Das ist wichtig. Es muss alles ganz genau gemacht werden, denn unsere Gäste kennen die Torten viel besser als wir. Sie verspeisen die seit Jahrzehnten und würden sofort merken, wenn wir etwas nicht perfekt machen würden“, sagt er noch rasch, springt dann auf und begrüßt ein älteres Ehepaar – Stammkunden, die fast jedes Wochenende vorbeikommen, und mit einem „wie immer“ ein Stück Viktoria-Torte, ein Stück Frankfurter Kranz und Filterkaffee bestellen. Aber nicht nur Stammkunden aus dem Ort und aus der Umgebung besuchen das Café. Ganze Bussladungen an Reisenden kommen eigens nach Eberbach, um die berühmte Nascherei vor Ort zu erleben. Für den nächsten Tag ist beispielsweise ein Reisebus mit Gästen aus Frankfurt angesagt, so erzählt der Inhaber.

Blick in die Vitrine mit vielen Torten
Ein Blick in die Vitrine des Cafés: Die klassische Viktoria ist noch von einigen anderen feinen Torten umgeben. © Foto: Meike Nordmeyer

Neue Sorten der Torte in Arbeit

Derzeit gibt es im Eberbacher Café zwei Varianten des Klassikers, das ist die Viktoria-Torte in der Geschmacksrichtung Erdbeer-Joghurt sowie die Version Champagner-Melba. Daneben werden auch noch viele andere Torten und Kuchen in dem Café täglich angeboten. Jeden Tag stehen rund 30 Torten frisch für die Kunden bereit. „Und wie viel wird an einem Tag von der klassischen Viktoria-Sorte verzehrt?“, frage ich. Cakraj überlegt nur kurz und zählt dann auf: „An einem normalen Werktag sind es 5 bis 10 Torten, am Wochenende kommen wir auf 10 bis 20 Torten an einem Tag. Gestern war Feiertag und Dorffest, da haben wir 15 Torten, also 150 Stücke allein von der klassischen Viktoria serviert.“

Außenansicht des Viktoria Cafés
Das Café Viktoria an der Friedrichstraße von Eberbach. Auch draußen lassen sich die Torten und ein Kaffee oder andere Getränke genießen. © Foto: Meike Nordmeyer

Der Betrieb läuft also auf vollen Touren. Und die neuen Inhaber haben noch viel mehr vor. Im November dieses Jahres wird das 60-jährige Bestehen des ersten Patents der Viktoria-Torte gefeiert. Schon jetzt gestaltet das Team dafür neue Sorten: Dazu gehört zum Beispiel Himbeer-Joghurt, Waldfrucht, Maracuja oder Pistazie. „Mein Favorit der neuen Sorten ist bisher Kirsch-Joghurt“, verrät Cakraj. Zum Jubiläum soll ein neuer Katalog der Konditorei erschienen, in dem auch die neuen Sorten alle aufgeführt sind. Wird der ein oder andere Stammkunde dann auf eine andere Sorte der Viktoria umsteigen? Es bleibt spannend mit der Tortenkunst in Eberbach und natürlich genussvoll.

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Zu meiner Tour auf dem ersten Teil der Burgenstraße, bei der ich auch in Eberbach am Neckar Station gemacht habe, bin ich vom Burgenstraße e.V. eingeladen worden. Der Besuch im Café Viktoria war Teil der Einladung, geschah aber auf meine eigene Anregung hin, denn auch ich hatte schon von der Viktoria-Torte gehört und wollte sie unbedingt mit eigenem Gaumen kennenlernen.

Mehr Infos über die Geschichte der Viktoria-Torte finden sich auf der Webseite des Viktoria Cafés.

Hier könnt ihr euch den “Bundes-Cake Contest 2011” des Pro7-Magazins Galileo anschauen, bei dem die Viktoria-Torte zur „Besten Torte Deutschlands“ gekürt wurde.

Mehr über meine Tour auf der Burgenstraße lesen
3 Schlösser und 6 Burgen – eine Zeitreise am Neckar

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