Wo Van Gogh die Mühlen malte – ein Besuch in Nuenen

Windmühle De Roosdonck in Nuenen
Ein Motiv von Vincent Van Gogh in Nuenen – die Windmühle De Roosdonck. Der Maler hat sie auf mehreren seiner Bilder verewigt. © Foto: Meike Nordmeyer

Weit streckt die Windmühle De Roosdonck ihre Flügel aus schwarzem Holz in den knatschblauen Himmel. Stolz überragt sie das kleine, weiße Wohnhaus, das daneben hockt. Auf einem Feld vor der niederländischen Kleinstadt Nuenen ist das historische Ensemble zu finden. Nuenen liegt zwischen den Städten Eindhoven und Helmond und gehört zur Provinz Brabant. Ein eher abgelegenes, unscheinbares Provinzstädtchen mit seinen rund 20.000 Einwohnern, so könnte man meinen. Und doch zieht es viele Besucher an, Kunstliebhaber vor allem. Denn diese Windmühle ist eine ganz besondere, sie hat es in den Kanon der Kunstgeschichte geschafft. Der Maler Vincent Van Gogh hat zwei Jahre in Nuenen gelebt und die Windmühle mehrfach gemalt und gezeichnet, sie ist mehrfach in seinen Werken wiederzufinden.

Faszinierend finde ich es daher, nach Nuenen zu reisen und dieses Motiv und noch einige mehr aus den Werken des heute weltberühmten Malers im Original zu entdecken. In Nuenen und Umgebung begeben ich mich gespannt auf die Spuren des Künstlers. Insgesamt weist ein Plan 21 Punkte mit Bezug zu Van Gogh aus, das sind Gebäude oder verschiedene Plätze in der Landschaft. Infosäulen sind an den meisten dieser Punkte aufgestellt. Im Ortszentrum laufe ich diese zu Fuß ab und in der Umgebung radel ich bequem mit dem Fahrrad hin.

Skulptur von Van Gogh in Nuenen
Vincent Van Gogh in Nuenen – dem berühmten Maler ist eine Skulptur im Stadtpark gewidmet. © Foto: Meike Nordmeyer

Van Gogh kam Anfang Dezember 1883 nach Nuenen. Bis Ende 1885 lebte und arbeitete er in dem Ort, der damals nur rund 2.500 Einwohner hatte. Der damals 30-Jährige war erschöpft und mittellos nach Nuenen gekommen und wollte dort vorerst wieder bei seinen Eltern unterkommen. Sein Vater arbeitete dort als Dorfpfarrer. Die Eltern wohnten im Pfarrhaus, das auch heute noch erhalten ist, ebenso wie die kleine Kirche, in der der Vater predigte.

Bevor Vincent Van Gogh nach Nuenen kam, war er ein rastlos Suchender und bereits 17 Mal umgezogen. Auch der Lebensabschnitt in Nuenen wurde keine einfache Zeit, es gab zunächst Konflikte mit dem Vater, und dann verstarb dieser im Frühjahr 1885. Im November darauf verließ Vincent Nuenen wieder. Und doch blieben die zwei Jahre dort bedeutend für ihn. Es war die längste Zeit, die er als Erwachsender an einem Ort gewohnt hat. Ein Viertel aller seiner Kunstwerke sind dort entstanden. Mit dem Gemälde „Die Kartoffelesser“, das eine alltägliche Szenerie in einem Bauernhaus eindringlich in düsteren Farbtönen einfängt, gelingt ihm in Nuenen sein erstes Meisterwerk.

In dem kleinen Park in der Stadtmitte erwartet die Besucher von Nuenen eine Skulptur, die auf das Gemälde Bezug nimmt. Sie stellt die am Tisch sitzende und Kartoffeln essende Bauernfamilie dar. Außerdem ist in dem Park auch dem Künstler selber ein Standbild gewidmet. Die Skulptur zeigt ihn als den Maler, der mit der Zeichenmappe unterm Arm zum Ort hinausläuft. Stundenlang wanderte Van Gogh durch die Umgebung von Nuenen und studierte die Landschaft im wechselnden Lichtspiel der Tages- und Jahreszeiten. Und er beobachtete die Bauern und deren alltägliches Leben. „Ein Bauernmaler will ich sein“, so sinnierte er damals. Und über sein Gemälde „Die Kartoffelesser“ schrieb er in einem Brief an seinen Bruder Theo: „Ich habe mich nämlich sehr bemüht, den Betrachter auf den Gedanken zu bringen, dass diese Leutchen, die bei ihrer Lampe Kartoffeln essen, mit denselben Händen, die in die Schüssel langen, auch selber die Erde umgegraben haben; das Bild spricht also von ihrer Hände Arbeit und davon, dass sie ihr Essen ehrlich verdient haben.“

Skulptur "Die Kartoffelesser"
Die Kartoffelesser – wie auf dem Gemälde von Van Gogh sitzt die Bauernfamilie heute als Skulptur im Stadtpark von Nuenen. © Foto: Meike Nordmeyer

Mehr über die Entstehung des Gemäldes erfahre ich später auch in dem kleinen Museum im Ortszentrum, dem Vincentre. Es informiert über die Zeit, das Umfeld und das Schaffen von Van Gogh in Nuenen, stellt vielfältige Bezüge seiner Werke zum Ort und zur Landschaft her und verweist auch auf die weitere Entwicklung des Künstlers. Gegen die großen, namhaften Museen, in denen die berühmten Gemälde Van Goghs sonst zu sehen sind, handelt es sich in Nuenen um ein kleines Haus. Es hat keinerlei Originalwerke im Bestand. Und dennoch lohnt sich ein Besuch. Denn in Nuenen kommt man dem Künstler auf eine besondere Art nahe, es lässt sich an den Originalorten der Beginn seiner künstlerischen Entwicklung nachspüren und in der multimedialen, ansprechend aufbereiteten Ausstellung im Vincentre weiter vertiefen.

Opwettener Wassermühle
An der Opwettener Wassermühle wanderte Van Gogh oftmals vorbei. Das historische Ensemble hat er mehrfach auf seinen Bildern dargestellt. In dem Anwesen ist heute ein Restaurant untergebracht, das ein beliebtes Ausflugsziel bildet. © Foto: Meike Nordmeyer

Ebenfalls ein reizvoller Ort für Kunstfreunde ist die Opwettener Wassermühle, die am Stadtrand an dem Fluss Kleine Drommel liegt. Am besten ist die Mühle vom Ortszentrum aus in etwa 10 Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen. Auch dieses Gebäudeensemble hat Van Gogh mehrfach gemalt und gezeichnet. Die Mühle, wie sie heute erhalten ist, wurde Mitte des 18. Jahrhunderts nach einem Brand neu gebaut. Das Anwesen selbst stammt aus dem 11. oder dem 13. Jahrhundert, so genau lässt sich das nicht beziffern. Klar aber ist: Es war schon zu Van Goghs Zeiten faszinierend alt.

Zwischen zwei dunkelbraun gestrichenen Holzhäusern mit kleinen, weiß gerahmten Fenstern ragt das große Wasserrad hervor. Mit einer Höhe von mehr als 9 Metern ist es das größte Rad einer Wassermühle in den Niederlanden. Vor den beiden Häusern bildet die Kleine Drommel einen kleinen Teich, bevor sie weiterfließt. In der von hohen Gräsern umgebenen Wasserfläche glitzert golden die Abendsonne. So empfiehlt sich der Ort für eine Einkehr zum Abendessen, denn in dem Anwesen ist ein Restaurant untergebracht. Ich setze mich an einen der Tische im Innenhof und genieße den Blick auf das Mühlrad und auf die saftig grünen Wiesen mit Obstbäumen. Die Speisekarte klingt verlockend. Als Vorspeise bestelle ich zunächst einmal Zucchini-Spaghetti mit altem Gouda, Mango, Pinienkernen und Rucola – eine sehr gelungene Kombination. Ein herrlicher Platz ist dieses Restaurant, um den Erkundungstag auf den Spuren des großen Malers Vincent Van Gogh ausklingen zu lassen. Mit dem Wissen, dass der heute weltberühmte Künstler diesen Ort einst gerne aufsuchte und ihn mit seinen Pinselstrichen auf die Leinwand bannte.

Denkmal für Van Gogh in Nuenen
In Nuenen steht das weltweit erste Denkmal, das für den Maler Vincent Van Gogh errichtet wurde. Im Sommer 1932 wurde es in Anwesenheit von Vincents Schwester Elisabeth enthüllt. © Foto: Meike Nordmeyer

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Van Gogh in Nuenen erkunden – ich bin auf Einladung von Visit Brabant auf diese Tour gegangen. Im Rahmen dieser Einladung habe ich im Parkhotel Auberge Vincent übernachtet.

Museum Vincentre
Das Van-Gogh-Museum Vincentre liegt an der Einkaufsstraße im Zentrum von Nuenen, die Adresse: Berg 29. Es ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.

Opwettener Wassermühle
Die Opwettener Wassermühle befindet sich am Stadtrand, am Opwettenseweg 203. Sie ist vom Ortszentrum von Nuenen in etwa 10 Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen. Das Restaurant darin ist von Dienstag bis Sonntag von 11 Uhr bis 21 Uhr beziehungsweise 21.30 Uhr geöffnet.

(Stand der Infos Februar 2020)

Mehr Infos zu Van Gogh in Brabant auf der Webseite von Visit Brabant

Für Fans gibt es hier noch mehr Bilder von Windmühlen

Von Nuenen aus bin ich weitergefahren in die Region Brabanter Kempen. Hier der Blogartikel dazu:
Käse, Eis und Design – genussvolle Tour durch Nordbrabant

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