Da ist das Schild! Freudig stapfe ich durch den feinen, hellen Sand am Ellenbogen von Sylt. Wenn ich am Strand bin, dann bin ich immer froh, doch jetzt freue ich mich besonders, denn ich bin in einer ganz bestimmten Mission unterwegs. Ich steuere auf das Schild zu, das am Saum der Dünen steht und mir anzeigt, dass ich am Ziel bin: “Herzlich willkommen am nördlichsten Punkt Deutschlands”, steht darauf geschrieben. Nun habe ich mir im Zipfelort List meinen vierten Stempel im Zipfelpass so richtig verdient, und das Dokument ist damit vollständig, denn ich habe den südlichsten, östlichsten, westlichsten und nun den nördlichsten Punkt Deutschlands besucht. In dieser Reihenfolge war ich in Oberstdorf, in Görlitz, im Selfkant und nun in List auf Sylt – also in allen vier Orten beziehungsweise Gemeinden, die sich zum Zipfelbund zusammengetan haben. Vier Zipfelorte in vier Jahren – das ist die Herausforderung, die ich gerne angenommen habe. In alle Himmelsrichtungen von Deutschlands so weit wie möglich zu reisen – das ist einfach eine schöne Idee!
Natürlich lasse ich direkt ein Beweisfoto von mir am nördlichsten Schild Deutschlands machen. Und nun erstmal durchatmen. Auch ohne Zipfelpass ist ein Ausflug zum Ellenbogen von Sylt lohnend. Ich blicke zum Rand der Dünen, wo der Wind sanft durch die silbriggrünen Gräser streift. Zwei Möwen gleiten über mir durch die Lüfte. Unten am Wasser laufen zwei Spaziergänger entlang – sonst sind keine Menschen weit und breit zu sehen. Die Wellen rauschen an diesem sonnigen Maitag recht zahm auf den Sand. Rechts und links vom nördlichsten Holzschild stehen Skulpturen, die aus Strandgut, Treibholz und auch Strandmüll gefertigt sind. Ein Fisch ist aus Holzstücken mit hellblauer Leine zusammengebunden. Auch eine Frauenfigur steht da, der Kopf besteht aus einem verblichenen roten Ball, die Haare und das Kleid aus bunten Tauen, Netzen und anderen Fundstücken.
Meinen Stempel für den nördlichsten Zipfelort habe ich schon vor meinem Ausflug zum Ellenbogen in der Kurdirektion List erhalten. Und das ist völlig korrekt. Denn ich bin am Abend zuvor angekommen, habe somit bereits eine Nacht in List übernachtet. Die Regel lautet, wer mindestens eine Nacht in dem Zipfelort übernachtet, erhält den entsprechenden Stempel in den Zipfelpass. Doch natürlich ist es Ehrensache und Vergnügen, nicht nur die Ortschaft List, sondern auch noch den allernördlichsten Punkt am Strand aufzusuchen.
Als ich später das Foto vom Pass mit den vier Stempeln bei Twitter, Instagram und Facebook als Erfolgsmeldung poste, erhalte ich Glückwünsche. Meine Leser wissen bereits, dass ich wieder auf Zipfeltour bin und diesmal das Finale ansteht. Die Idee des Zipfelpasses sorgt für Begeisterung. Viele Leser haben meine Reisen seit Beginn in Oberstdorf verfolgt. “Oberzipfelin”, “Zipfelkönigin” und “Zipfelmeyer” werde ich jetzt anerkennend genannt. Das gefällt mir. Doch ich bin ja nicht die einzige mit diesem schönen Resultat. Viele Reisebegeisterte haben sich von dem Pass schon inspirieren lassen, alle vier Orte zu bereisen. “Im vergangenen Jahr waren es 80 Zipfelpässe, die mit dem vierten Stempel innerhalb von vier Jahren vollständig geworden sind”, berichtet Maiken Neubauer von der Kurdirektion List. “Und das Interesse steigt, es sind in den vergangenen Jahren deutlich mehr geworden.”
Hat ein Passinhaber alle vier Stempel in vier Jahren eingesammelt, erhält er ein Zipfelpaket mit Präsenten aus allen Orten – so steht es im Zipfelpass und auch auf der Webseite des Zipfelbundes geschrieben. Nun frage ich also Maiken Neubauer, wie es weitergeht. “Es wird nicht zentral ein Paket mit den Präsenten aus den vier Orten verschickt. Das hatten wir erst vor, das lässt sich aber organisatorisch nicht so gut machen. Daher verschickt jeder Ort separat sein Päckchen”, erklärt sie. Prima, denke ich, das macht die Sache ja viel spannender, dann bekomme ich gleich viermal ein Päckchen nach Hause. In der Kurdirektion von List macht Neubauer eine Kopie von meinem kompletten Pass. Sie prüft, ob meine Adresse darin gut zu lesen ist und schickt die Kopie zur Info an die anderen drei Zipfelstädte mit der Bitte, die Päckchen bald an mich loszuschicken. Ich bin schon sehr gespannt, was da bei mir eintreffen wird.
Nach meinem schönen Ausflug zum Ellenbogen will ich nun noch ein wenig den Ort erkunden und wieder zum Hafen bummeln. Nun habe ich erstmal ein ganz konkretes Ziel: Die Sylter Eismanufaktur. Von der habe ich schon gehört, und natürlich will ich das hausgemachte Eis aus regionalen Produkten und insbesondere aus Milch der Sylter Molkerei probieren. Ich wähle die Sorten Limette-Basilikum und Quark-Meersalz-Karamell. Köstlich! Dann laufe ich zum Hafen und unternehme noch einen kleinen Spaziergang am Wattenmeer. Vor mir in der Ferne kann ich den Ellenbogen sehen und den zweiten Lister Leuchtturm, das Leuchtfeuer List Ost. Hinter der östlichen Spitze des Ellenbogens ist zudem die dänische Insel Rømø zu erahnen. Als ich wieder zurücklaufe, bietet sich mir dann noch ein schöner Blick auf den Zipfelort List.
Der Tag, an dem ich meinen vierten Stempel im Zipfelort List bekam und die Info an die drei Partnerorte weitergeleitet wurde, war übrigens ein Donnerstag. Als ich Samstagabend wieder zu Hause in Wuppertal ankomme, ist tatsächlich schon ein großer Umschlag aus Oberstdorf für mich eingetroffen. Das nenne ich eine prompte Zustellung! Bis zum folgenden Donnerstag sind dann auch die Pakete aus Görlitz, List und dem Selfkant bei mir. Die Zipfelorte sind wirklich schnell mit ihrer Lieferung. Die Geschenke passen bestens zusammen: Frühstücksbrettchen, Taschenmesser, Becher, Früchtetee und aus dem Selfkant kommt schließlich noch ein “Zipfeltrunk”, ein Likör aus Kräutern der Region. Sehr gelungen, diese Zusammenstellung, die da bei mir eingetrudelt ist und eine tolle Erinnerung an vier schöne und interessante Reisen!
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Der Tipp mit den Zipfelpass kam anlässlich einer Reise nach Oberstdorf im Jahr 2013 von meinem Bruder Jörn. Daraufhin habe ich schon bald den Plan gefasst, die Zipfeltour zu unternehmen und in alle vier Orte des Zipfelbundes zu reisen. Bei den Touren bin ich jeweils von den Zipfelorten unterstützt worden. Zuletzt bei der Reise in den Zipfelort List. Zu der bin ich von der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein und der Kurdirektion List eingeladen worden. Im Rahmen der Einladung habe ich im Hotel Strand in List gewohnt.
Über meine Reise zu den vier Zipfelorten hat Bloggerkollegin Janett ein Interview mit mir geführt und auf ihrem Blog Teilzeitreisender veröffentlicht:
Mit dem Zipfelpass in Deutschland unterwegs. Ein Interview mit Meike(meilen)
Weitere Informationen zum Zipfelpass und den Zipfelorten
bietet die
Webseite des Zipfelbundes.
Hier erzähle ich, wie ich zu meinem Zipfelpass kam:
Der erste Stempel im Zipfelpass: Oberstdorf
Meine nächste Stempel-Reise:
Görlitz: Meine zweite Zipfelstadt
Und dazu ein kulinarischer Tipp:
Die Mohnpiele: hinreißender Genuss in Görlitz
Meine dritte Zipfelreise:
Besuch im Selfkant – mein 3. Stempel im Zipfelpass
Eine tolle Geschichte! Ich kannte den Pass bisher gar nicht. Muss mir das aber für die nächsten Reisen mal merken! Danke für die Inspiration und die schönen Bilder! LG Brigitte
Vielen dank, war eine kleine Aufklärung, was man alles machen konnte in Deutschland.
Eine sehr gut Geschichtenschreiberin, auch wenn ich wahrschinlich selber nie einen Vier-Zipfelpass mein eigen nennen kann, habe ich doch das Gefühl, ich weiß wo und was das ist.