Besuch im Käsebunker auf Vlieland

Im Käsebunker
Zu Besuch im Käsebunker auf Vlieland: Nils Koster präsentiert stolz seinen selbst produzierten Käse, der in dem unterirdischen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg heranreift. © Foto: Meike Nordmeyer

Ein würziger Duft weht mir um die Nase, während ich die Stufen hinunterklettere. Eine steile Holztreppe aus Kiefernholz führt hinab in den unterirdischen Käsebunker auf der friesischen Nordseeinsel Vlieland. Dort unten, umgeben von den dicken Betonmauern einer Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg, reift der Käse von Nils Koster heran. Was riecht das wunderbar!

Nils Koster tritt vor die hellen Holzregale und streicht versonnen mit der Hand über den ein oder anderen Käselaib. Dann erzählt er unserer kleinen Gruppe von fünf Leuten von seinem Käse, der Produktion auf dem Festland und der Reifezeit in diesem Bunker auf der Insel.

Nach Vlieland ist der 37-Jährige eher zufällig gekommen. Er stammt aus der kleinen Stadt Veenendaal und studierte Musik in der nahegelegenen Provinzhauptstadt Utrecht. Eines Tages wurde er gefragt, ob er über den Winter als Musiklehrer nach Vlieland kommen wolle. Auf der Insel hat es ihm dann so gut gefallen, dass er geblieben ist. Schon bald reifte dort seine Idee, Käse selbst zu produzieren. “Damit wir hier ein besonderes Inselprodukt haben”, erklärt er seinen Antrieb. “Hier unten im Bunker herrscht ein konstantes Klima, es ist dunkel und feucht – das ist ideal für den Käse”, sagt er. Dazu gibt es aber noch etwas, was ganz entscheidend ist: Es braucht viel Geduld. “Wer die nicht hat, muss etwas anderes machen als Käse”, fügt Koster hinzu.

Der Käsebunker
Von außen ganz unscheinbar: Der Käsebunker auf Vlieland. Die eigentliche Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg liegt unterirdisch. Das Backstein-Haus wurde 1953 darauf gebaut und diente bis 2011 als Filtergebäude für die Trinkwasserversorgung von Vlieland. Im Jahr 2015 machte Nils Koster den gesamten Komplex zu seinem Käsebunker. © Foto: Meike Nordmeyer

Da war also erstmal die schöne Idee, aber es gab ein Problem: Woher die erforderliche Milch für den Käse nehmen? Denn auf Vlieland gibt es keine Kühe, dafür sind die Weideflächen zu klein. Die wenigen Schafe und Ziegen auf der kleinen Insel werden nicht für die Milchabgabe an Menschen genutzt. Da käme auch nicht genügend bei heraus für eine ernst zu nehmende Käseproduktion. Doch von diesem Hindernis ließ sich Koster nicht abhalten. Er suchte sich auf dem Festland eine Käserei und fand sie in Veenhuyzen, rund 50 Kilometer entfernt von Harlingen, dem Ort, in dem die Fähre nach Vlieland ablegt. Vor sechs Jahren hat er mit einigen Käselaibern begonnen. Inzwischen fährt der studierte Musiker alle 14 Tage nach Veenhuyzen und produziert dort jeweils zwischen 60 bis 70 Käselaiber. Mittlerweile verkauft er 3000 Kilogramm Käse im Jahr. Ein Großteil davon bleibt auf der Insel. Die lokalen Geschäfte und Restaurants sind die Abnehmer. Zusätzlich läuft der Verkauf auch über einen Online-Shop, und über einen Zwischenhändler gehen die Lieferungen auch weit über die Niederlande hinaus, sogar bis nach Amerika.

Treppe im Käsebunker
Durch ein rundes Loch in der Betondecke geht es abwärts: Die Holztreppe führt hinab zum Käselager im einstigen Kriegsbunker. © Foto: Meike Nordmeyer

Besonders beliebt bei den Kunden ist der Zeewierkaas, das ist der Algenkäse im Sortiment. Die Algen sammelt Koster eigenhändig im Wattenmeer vor Vlieland ein. “Damit wird der Käse zu einem echten Inselprodukt. Und diese aromatische Zutat gibt es ganz umsonst aus dem Meer”, erzählt er lächelnd. Einen ganzen Tag muss er sammeln, um mit den anschließend getrockneten Algen ein großes Vorratsglas füllen zu können. Zwei dieser großen Gläser reichen dann für 32 Laiber.

Insgesamt hat der Käsemacher sieben verschiedene Sorten im Angebot. Dazu gehört auch ein Bierkäse, ein Ziegenkäse oder auch der Jerseykäse. Dieser basiert auf der besonders rahmigen Milch der Jersey-Rinder. Zudem probiert er gerade wieder etwas Neues aus: einen Blauschimmelkäse, der mit dem gleichen Pilz wie Roquefort angesetzt wird. “Ich dachte mir, was die in Roquefort können, das kann ich doch auch”, sagt er verschmitzt. Wie er das Käsen gelernt habe, frage ich. “Ich habe viel gelesen darüber, ein Seminar besucht und mir auch Tutorials auf Youtube angeschaut”, erklärt er. Doch bei aller Leidenschaft für den Käse ist Koster auf der Insel natürlich auch der Musik treu geblieben. So bildet er gemeinsam mit dem Akkordeonisten und Dichter Ger Lamerus das Folkduo Drijfhout. Bei den Auftritten mit dem Duo kann Koster seine vielseitige musikalische Begabung ausleben, er singt, spielt Geige, Gitarre, Mandoline und ebenfalls Akkordeon. Zudem leitet er als Dirigent das Vlielander Fanfarencorps.

Weg zum Leuchtturm von Vlieland
Ganz in der Nähe vom Käsebunker steht der Leuchtturm von Vlieland auf einer 42 Meter hohen Düne. Es ist die höchste Düne der Niederlande. Darum braucht der Leuchtturm nicht so besonders hoch zu sein, er misst nur 8 Meter und ist damit der kleinste Leuchtturm des Landes. Eine langgezogene Treppe führt die hohe Düne zum Leuchtturm hinauf. Zu bestimmten Zeiten ist der Leuchtturm auch für Besucher geöffnet. © Foto: Meike Nordmeyer

Wer auf Vlieland zu Besuch ist und Käse liebt, sollte unbedingt den Käsebunker besichtigen. Jeden Donnerstag und Samstag können Gäste an einer Führung mit Verkostung teilnehmen. “Auch den gesamten Winter über biete ich die Führungen an. Ich bin ja sowieso hier. Und es ist wichtig, dass es auch im Winter auf der Insel interessante Angebote für die Gäste gibt”, erklärt Koster. Denn so wie auch unsere kleine Reisegruppe entdecken immer mehr Touristen den Winter als eine ebenfalls lohnende Zeit für einen Aufenthalt auf den Nordseeinseln. Dann ist dort nur wenig Betrieb und gerade das kann auch mal sehr angenehm sein. Das lässt die Besucher zur Ruhe kommen. Der Strand ist leer, die Weite kommt dann noch viel mehr zur Geltung, und man kann sich bei einem Strandspaziergang kräftig durchpusten lassen und den Kopf frei bekommen. Wind und Wetter sind gerade an der Nordsee ein besonderes Erlebnis. Und wie gemütlich ist es, nach einem Strandspaziergang einzukehren, einen heißen Tee zum Aufwärmen zu trinken und dazu ein Stück Kuchen zu nehmen. Oder gleich die herzhaften Spezialitäten zu genießen. Auf Vlieland gehört der Bunkerkäse auf jeden Fall dazu.

Strand von Vlieland
Der weite Strand von Vlieland. Im Winter sind nur wenige Menschen dort. Wer Ruhe und Einsamkeit für eine Auszeit sucht, für den bietet auch der Winter eine gute Reisezeit für die Nordseeinseln. © Foto: Meike Nordmeyer

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Ich bin von Merk Fryslan und Wadden.nl zu der Reise auf die Nordseeinseln Terschelling, Vlieland und Texel eingeladen worden. Auf Vlieland habe ich im Rahmen dieser Reise im Hotel Herbergh van Flielant gewohnt.

Führungen im Käsebunker
Öffnungszeiten des Käsebunkers das ganze Jahr über:
samstags 10.30 bis 12 Uhr, mittwochs 14 bis 16 Uhr.
Jeden Donnerstag um 15.30 Uhr und jeden Samstag um 13.30 Uhr bietet der Käsebunker einen Rundgang mit Verkostung an. In der Zeit von Mai bis Oktober auch jeden Dienstag um 15.30 Uhr. Kosten: Erwachsene 12,50 Euro / Kinder 9,50 Euro. Eine Anmeldung ist erforderlich. Die ist möglich beim VVV Vlieland oder per Email: info@zeewierkaas.nl  (Stand der Infos Dezember 2018)
Weitere Infos über den Käsebunker

Anreise nach Vlieland
Vlieland ist von Harlingen aus mit der Fähre zu erreichen. Die große Fähre braucht etwa 1,5 Stunden, das Schnellboot 45 Minuten. Touristen dürfen keine Autos oder andere Motorfahrzeuge mit auf die Insel nehmen. Diese müssen gegebenenfalls in Harlingen geparkt werden. Dafür stehen Langzeitparkplätze zur Verfügung. Nähere Informationen zu Abfahrtszeiten, Preisen für die Tickets sowie zu den Parkmöglichkeiten finden sich auch in deutscher Sprache auf der Webseite der Rederij Doeksen.

Simone vom Blog Nach Holland hat auch über Vlieland gebloggt:
Reif für die Insel – Entspannen bei Landal Vlieduyn auf Vlieland
Urlaub auf Vlieland – Praktische Tipps

Über die Nachbarinsel Terschelling habe ich auch schon geschrieben:
Terschelling: Horizonte voller Segel und Glitzer
Elvis lebt! Im Strandpavillon Heartbreak auf Terschelling

One Reply to “Besuch im Käsebunker auf Vlieland”

  1. Bis vor die Tür bin ich ja immerhin schon gekommen. Bei meinem nächsten Besuch auf Vlieland, schaffe ich es dann bestimmt auch mal hinein. Hört sich nämlich sehr interessant an.
    LG Simone

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